Die gesamte Menschheit hat seit einigen Tausend Jahren ein sehr gravierendes psychisches Problem. Wir leiden unter einem kollektiven Trauma nach den extrem dramatischen Ereignissen, welche die Geburt unserer eigenen Spezies begleitet haben [Darüber habe ich im vorherigen Beitrag (UP. 37) dieses Blogs berichtet.]. Um das Problem wissenschaftlich zu behandeln, stütze ich meinen Kommentar hier auf dem neusten Buch der Spezialistin in der Psychotherapie, Dr. Maggie Schauer [Maggie Schauer und Nataly Bleuel „Die einfachste Psychotherapie der Welt; Wie wir die Ursache von Stress und Krankheit behandeln und den Kreislauf von Trauma und Gewalt durchbrechen“ (Rowohlt, Hamburg, September 2024).]. Obwohl sie in ihrem Buch behauptet [Schauer und Bleuel; S.141.], dass „In ihrem Wesen die Narrative Expositionstherapie mithin die einfachste Psychotherapie der Welt (ist).“, ich zitiere (im Anhang) doch direkt mehrere Fragmente aus diesem Fachbuch, damit wir in diesem Beitrag tatsächlich auf der festen wissenschaftlichen Grundlage bleiben.

Um eine Erklärung für unsere obige Behauptung von dem transgenerationalen Trauma der gesamten Menschheit einzuleiten, fangen wir damit an, ein Beispiel der Autorinnen [Schauer und Bleuel; S.143.] aus der Deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts unter die Lupe zu nehmen.

Denn wir müssen damit rechnen, dass die Auswirkungen wichtiger Ereignisse, die in der Vergangenheit in der Herkunftsfamilie, im Stamm oder in der Gruppe stattgefunden haben, sich auch in der Kindheit und im Erwachsenenalter der nachfolgenden Generationen bemerkbar machen.

Viele der Babyboomer in Deutschland, die «Kriegsenkel», die durch unverarbeitete psychische Traumata ihrer Vorfahren indirekt traumatisiert wurden, konnten ihre Eltern emotional nicht wirklich erreichen und beschreiben Ängste, die sie sich durch ihre eigene Biografie nicht erklären können. Und doch zeigten sich die schmerzhaften Erfahrungen von damals ganz konkret in der Ungeduld, Wut und psychischen Belastungen der Eltern im täglichen Leben. Vergangenes schlägt in der Lebensgegenwart wieder auf. Individuelles und transgenerationales Leiden unter den Reaktionen und Folgesymptomen traumatisierender Lebensereignisse lassen sich behandeln. Erzählen als grundlegende traditionelle kulturelle Praxis beinhaltet heilendes Wissen und weist vielversprechende Behandlungsergebnisse auf. Die Narrative Exposition als biografische Arbeit hat das Potenzial, so unterschiedliche Bereiche wie Psychotherapie, die psychosomatische Grundversorgung und die zeitgenössische Praxis des Hausarztes, aber auch andere Sozial- und Gesundheitsberufe wie die soziale Arbeit und die Traumapädagogik zu beeinflussen.“

Wiederholen wir den fett hervorgehobenen Satz aus diesem Zitat: „Vergangenes schlägt in der Lebensgegenwart wieder auf.“ Das ist unsere Erklärungslinie zu der traumatisierenden Rolle der größten Katastrophe der Menschheit auf unseres gemeinsames Leben noch bis heute, mehrere Tausend Jahre nach der eigentlichen Katastrophe. Und wir versuchen es, zum ersten Mal in unserer Geschichte, auch das Potenzial der Narrativen Exposition zu nutzen, um eine Heilung unserer kollektiven posttraumatischen Störung einzuleiten. Dafür müssen wir aber tatsächlich und ernsthaft wahrnehmen (und nicht nur wahrnehmen wollen!), dass das Trauma, welches wir hier beschreiben, nicht nur einzelne Generationen der Betroffenen verbunden hat, sondern alle unseren Generationen der Spezies Homo sapiens Sapiens, seit der Zeit, als die letzten Neanderthaler die Erde verlassen haben, betrifft. Dazu stellen wir einige wichtige Fragen, die wir mit den neuen Werkzeugen unserer Einheitlichen Wissenschaft, vor allem der Universalen Philosophie, zu beantworten versuchen. Am Ende des Beitrags finden wir die relevanten Aussagen der Autorinnen des oben erwähnten Buches.

Frage 1: Warum war das Aufarbeiten der Geschichte der Menschheit in den letzten 12 Tausend Jahren bislang unmöglich?

Beginnen wir unsere Analyse mit der Erinnerung an die Fakten über das Leben der Menschheit während der letzten 12 Tausend Jahren. Die Lebensperiode der Gattung der Neanderthaler dauerte von etwa 170 Tausend Jahren v.u.Z. bis zu dem letzten Quantensprung der Kosmischen Hierarchie der Stufe 5, der die letzten 12 Tausend Jahren maßgeblich beherrschte.

Die energetischen Phasen des letzten Sprungs der Stufe 5 verdeutlicht das untere Diagramm.

Im vorherigen Beitrag [UP37. Die größte Katastrophe der Menschheit] habe ich darüber berichtet, warum das Leben der vorletzten Spezies der Neanderthaler (zu der in Europa auch die Cro Magnon Menschen gehörten) noch als paradiesisch eingestuft werden könnte, während das Leben der letzten (vollendeten) Spezies der Regulären Atlanten bereits in einer Katastrophe der Stufe 4 (6658 v.u.Z.) enden musste. Zwischen solchen großen Ereignissen, wie der Errichtung der gewaltigen Kultstätte Göbekli Tepe (vor 12 Tausend Jahren) und dem Anfang der Alt-Ägyptischen Kultur (3600 v.u.Z.) gibt es einen bislang unerklärlichen Spalt, ja fast Vakuum, in der Geschichte der Menschheit. Was passierte auf der Erde zwischen diesen beiden Zeitmarken? Meine Antwort ist eindeutig. Egal was in Details noch nicht entdeckt wurde, die Ereignisse, die wir bereits beschreiben können, waren so traumatisierend, dass alle in dieser Zeitspanne lebenden Menschen davon betroffen waren, und zwar über mehrere Dutzend Generationen hindurch. Die Menschen haben die Kontrolle über das eigene Leben verloren, sie wurden sprachlos; und die Ereignisse selber wurden zu Tabu. Das kollektiv verschwiegene Trauma könnte dadurch nicht aufarbeitet werden. Die Länge der Spaltperiode hat sogar das bewirkt, dass die „neuen“ Menschen (unserer eigenen Spezies) ihre direkte Verbindung zu den eigenen Vorfahren (den Neanderthalern) vergessen und verloren haben.

Frage 2: Was liegt im Kern einer PTBS (Post-Traumatischen-Belastung-Störung)?

Die Tabuisierung der höchst dramatischen Ereignissen führt zu einer kollektiven „Sprachlosigkeit“ über das Geschehenes. Und wenn man über eine Sache das Tuch des Schweigens mehrere Jahrhunderte fest hält, werden die Tatsachen zu Mythen, danach zu Märchen, und dann verschwinden sie aus dem kollektiven Gedächtnis. Das Aggressive, Misstrauen-beladene Miteinander, das durch die dramatischen Ereignisse verursacht wurde, bleibt jedoch, weil das Trauma selbst nicht länger wahrgenommen, nicht als Überbleibsel dieser Ereignissen, erkannt wird.

Frage 3: Welche neuen therapeutischen Werkzeuge benutzt die Narrative Expositionstherapie?

Das Bedürfnis über ein Unglück, oder auch nur Missgeschick, was uns widerfahren ist, einer Vertrauensperson mitzuteilen, ist ein allgemein menschliches Gefühl. Und auch umgekehrt, das Bedürfnis einer verunglückten Person mithelfen zu wollen, indem man ihrer Geschichte eigene Aufmerksamkeit schenkt, ist auch so ein durch und durch menschliches Gefühl.

Frage 4: Wie kann das gehen, dass wir unsere kollektive Vermeidung der Erinnerung an die traumatischen Ereignisse des letzten kosmischen Quantensprungs der Stufe 5 letztendlich überwinden?

Auch in unserem Fall, obwohl wir es gelernt haben, das Meiste von unserem Trauma „erfolgreich“ vermeiden zu können, müssen wir damit wieder Anfangen, über das vor sehr langen Zeit Geschehene zu sprechen und nachzudenken. Dabei muss man in Kauf nehmen, dass das neue Narrative vergleichbar so schockierend sein kann, wie die dramatischen Ereignisse von damals auch waren. Wir dürfen nichts verschönern wollen. Möglicherweise bis an die Hälfte unserer eigenen Vorfahren waren Banditen, Verbrecher (weil körperliche und/oder geistige Krüppel). Wir haben nur bis heute überlebt, weil die restlichen von den ersten Homo sapiens Sapiens einen funktionierenden Weg gefunden haben, sich zu verteidigen; durch sesshaft werden, durch Domestizierung von Tieren und Pflanzen, und durch Sozialisierung der eigenen Gruppen.

Da es keine Zeitzeugen und keine relevanten Dokumente aus dieser Zeit mehr geben kann, muss so ein neues Narrative von allen kompetenten Forschern der alten Zeiten rund um die heutige Welt mitgestalten werden. Ich hoffe mit meiner Arbeit einen Anstoß zu einer solchen Kooperation zu geben.

Am Ende noch eine Bemerkung der Autorinnen [Schauer und Bleuel; S.171.], Maggie Schauer und Nataly Bleuel:

„Denn in Trauma ist jeder Mensch einsam – isoliert. Beim Erzählen der Geschichte wird er gesehen. Wir wissen heute, dass aufmerksames und bewusstes Zuhören Gesundheit, Achtsamkeit und Resilienz fördert.“

Und noch eine [Schauer und Bleuel; S.68.]:

„Von der Deutschen Akademie der Wissenschaften bis zur internationalen Forschung und Praxis sind sich Experten und Insider heute einig: So wie man seinen Cholesterinspiegel und Blutdruckwert kennen sollte, sollte auch jede/r seinen (psychischen) Belastungswert kennen.“

Und noch zum letzten mal, lasse ich die Autorinnen sprechen [Schauer und Bleuel; S.113.]:

„Psychisches Trauma zu studieren bedeutet, Zeuge von schrecklichen Ereignissen zu werden.“

Ich fühle mich gewarnt, aber trotzdem, genau das habe ich vor. Die schrecklichen Ereignisse, die unsere Geburt als Spezies begleiteten, noch tiefer als bisher, zu studieren. Und allen Menschen diese Geschichte zu erzählen, weil das unsere kollektive Geschichte ist.

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Anhang

Maggie Schauer und Nataly Bleuel geben eine für die Frage 1 relevante Antwort [Schauer und Bleuel; S.236.]:

„Das Schweigen, die individuelle Vermeidung als Versuch, den Kontakt mit traumatischen Erinnerungen zu verhindern, findet in traumatisierten Gemeinschaften Resonanz und führt zu einer Tabuisierung (des traumatischen Geschehens). Die daraus resultierende kollektive Vermeidung hält eine fragmentierte, wahrheitswidrige Scheinerinnerung an Traumata in der Gemeinschaft aufrecht, was eine gemeinsame Darstellung, ein Aufarbeiten der Gruppengeschichte unmöglich macht.

Das mangelhafte kollektive Gedächtnis begünstigt zudem verzerrte und zweideutige Wahrheiten und schürt Ängste. Es mobilisiert auf der Grundlage selektiver Informationen Misstrauen und Aggressionen, weil das Sicherheitsgefühl verloren gegangen ist.“

Die relevante Antwort [Schauer und Bleuel; S.39.] von Maggie Schauer und Nataly Bleuel auf die Frage 2 lautet:

„Der Kern des Traumas (ist) eine Gedächtnisstörung, die die Betroffenen fest im Würgegriff der Angst hält. Und das ist ein Tabu. Vielleicht das mächtigste Tabu der Menschheit – wenn über Gewalt und Schrecken nicht gesprochen werden darf, vor allem nicht von den vielfältigen Folgen «gewöhnlicher», weil häufiger Situationen. … Es ist an der Zeit, zu verstehen, wie bedeutsam es ist, Narrationen – also erzählerisches Durchdringen von traumatischen Erlebnissen – zu ermöglichen und die Erkenntnisse der Wissenschaft über hilfreiches Vorgehen bei Traumatisierung anzuwenden, um die gesundheits- und sozialschädlichen Folgen zu überwinden.“

Die relevante Antwort [Schauer und Bleuel; S.232.] von Maggie Schauer und Nataly Bleuel auf Frage 3 lautet:

„Der Beginn jeglicher Traumahilfsmaßnahme muss immer sein, das Vermeidungsverhalten der Betroffenen zu antizipieren. Denn wenn Trauma im Spiel ist, können wir mit Sicherheit von Vermeidung ausgehen. Traumatisierte Individuen und deren Gemeinschaften werden durch ihre eigene kollektive Vermeidung gefangen gehalten. Die Stigmatisierung von Opfern führten zu Schweigen und Distanzierung voneinander. Traumatisierte Gemeinschaften brauchen Werkzeuge, um ihr eigenes Schweigen zu durchbrechen. Durch die Umwandlung individueller Geschichten in gemeinsames Wissen wird das kollektive Schweigen in gemeinsame Erneuerung umgewandelt. Das scheinbar Unaussprechliche kann durch die genauen Berichte Einzelner angesprochen werden. Lücken, die durch unterdrückte Wahrheiten entstanden waren, werden geschlossen, und die geteilte Geschichte des Schmerzes kann auf eine gemeinsame friedliche Zukunft ausgerichtet werden. Ein Prozess kommt in Gang.“

Und noch ein weiteres Werkzeug [Schauer und Bleuel; S.230.]:

„Um den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, ist ein starkes Narrativ notwendig. Ein Verständnisbogen, der sich der Gesellschaft erschließt und der Entscheidungsträgern die Bedeutung des Traumageschehens näherbringt. NETfacts kann uns lehren, wie man durch Narrative Vermeidung in Annäherung umwandelt, und zwar kollektiv. Bei NETfacts werden Gemeinschaften die anonymisierten Geschichten von Traumaüberlebenden präsentiert. Das Feedback der Narrationen an die Gruppe zeigt erstaunliche Wirkung, es maximiert das öffentliche Engagement durch klinische Arbeit kombiniert mit kultureller Praxis.“

Auch zu der Frage 4 geben die Autorinnen eine relevante Antwort (in mehreren Teilen):

„Wir behaupten, es gibt keinen Menschen, der ernsthaft gewalttätig wird, ohne zuvor selbst Gewalt erfahren zu haben; und die Wahrscheinlichkeit, gewalttätig zu werden, ist besonders hoch, wenn dies in der Kindheit geschah.“ [Schauer und Bleuel; S.222.]

„Es ist wichtig zu verstehen, dass sich Gewaltbereitschaft in der Regel aus zwei Quellen speist. Zum einen aus reaktiver Aggression, das heißt, dem erleichternden Gefühl, eine Bedrohung durch Gegenwehr zu überwinden, und zum anderen aus appetitiver Aggression, das heißt, dem eben beschriebenen intrinsischen Lust- und Jagderleben, das von den meisten ehemaligen Kämpfern als positives Gefühl beschrieben wird. … Wenn die Tötungshemmung überwunden ist, so sagten uns viele Kämpfer oder Bandenmitglieder, dann kommen, meist in einer konkurrierenden Gruppe, der Jagdeifer und die Lust am Töten auf. Das ist evolutiv ein altes Erbe.“ [Schauer und Bleuel; S.225.]

„Therapeutinnen und Therapeuten sollten sich ihrer eigenen Emotionen dazu bewusst werden. In der Arbeit mit Überlebenden ist es wichtig, Übertragungsphänomene zu erkennen und zu verstehen, dass der Überlebende versucht, die Kontrolle, die er während des traumatischen Ereignisses verloren hat, zurückzugewinnen. Das Erzählen der Lebensgeschichte ist daher eine wertvolle Beziehungschance, um über wichtige Fragen nachzudenken. … Was sind meine Lebensprioritäten für die kommenden Jahre? Worauf will ich mich konzentrieren? Welche Spuren habe ich in der Welt hinterlassen?“ [Schauer und Bleuel; S.219.]

„Als Folge von Traumatischem Stress entwickelt der Einzelne möglicherweise ein verzerrtes Bild von sich selbst und seiner Vergangenheit. Aggressive, vernachlässigende und die Realität verzerrende Kommunikation kann im Laufe des Lebens zur Entwicklung verschiedener Formen von Psychopathologie beitragen. Einige oder sogar alle Aspekte der ursprünglichen Erfahrung einer Person können negiert und verwirrt werden (z.B. bei Entwicklungstraumata), das Gleiche gilt für Gedanken über Empfindungen, Emotionen, körperliche Reaktionen und die Bedeutung, die hinter all dem steht.“ [Schauer und Bleuel; S.189.]