Z10. Sebastian Dettmers, “Die grosse ArbeitERlosigkeit”

Zum ersten Mal schreibt ein anderer Autor über die Notwendigkeit einer Weitsicht auf unsere aller Zukunft, und zwar mit ganz konkreten Visionen, Denkansätzen und praktischen Beispielen. Mehr solcher Bücher brauchen wir, und zwar dringend. Die Probleme von heute vernebeln unsere Visionen von morgen. Man muss sich schnell hinauf bewegen, um dem Nebel "im Tal der Geschichte" zu entkommen.

(Meine Bemerkungen zu dem zitierten Text gebe ich jeweils in den eckigen [] Klamern.)

(S.12) "Ich halte die Arbeiterlosigkeit neben dem Klimawandel für die größte Gefahr unserer Zeit: für unseren Wohlstand, für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, für das Funktionieren der Demokratie. Wir können uns nicht vorstellen, welche Auswirkungen schrumpfende Bevölkerungszahlen auf unsere Gesellschaft, auf die Weltwirtschaft haben. Weil wir es noch nie erlebt haben, nicht in diesem Ausmaß." ...

"Denn ich will genau wie meine Großeltern und Eltern, dass es meinen Kindern besser geht und dass sie in Frieden und Wohlstand leben können. Dafür habe ich dieses Buch geschrieben." [Ich (P.J.) halte die Arbeiterlosigkeit, so wie auch den Klimawandel, nicht für eine Gefahr für unsere Zukunft, sondern, eher umgekehrt, für eine Motivation, unsere Weltgemeinschaft neu zu organisieren, mehr Menschlichkeit statt Wohlstand anzustreben.]

(S.18) "Das Wachstum der vergangenen 250 Jahren wurde vor allem aus zwei Faktoren gespeist: dem Bevölkerungswachstum und dem Fortschritt. Kleine Betriebe, große Konzerne und ganze Volkswirtschaften konnten vor allem deswegen wachsen, weil in einer wachsenden Bevölkerung immer mehr Arbeiter, immer mehr Talente zur Verfügung standen, Seit 1800 hat sich die Zahl der Erdbewohner verachtfacht. Mehr noch: Getrieben durch immer mehr Ideen, durch bahnbrechende Erfindungen und nicht zuletzt durch flächendeckende Bildung entstand ein Fortschritt, der all diese Menschen immer produktiver werden ließ.

In einem Bruchteil der Menschheitsgeschichte haben wir die Eisenbahn, das Auto und das Flugzeug erfunden, den Funk, das Telefon und das Internet. Es ist vor allem diese Kombination aus Bevölkerungswachstum und Fortschritt, der wir unseren heutigen Wohlstand zu verdanken haben. Sie ist der Grund, warum Wirtschaftskrisen nie lange gedauert haben."

(S.19) "Heute weiß ich: Es war naiv, anzunehmen, dass sich Bevölkerung und Fortschritt auch in Zukunft linear weiterentwickeln." ...

"Doch was sind schon zweieinhalb Jahrhunderte angesichts der 200.000-jährigen Geschichte des modernen Menschen, der praktisch durchgehend in Armut lebte?" [Das stimmt nicht! Unsere Familie Homo sapiens lebt seit 337.000 Jahren, und sie lebte nicht durchgehend in Armut. Sie hat großartige Spezies hervorgebracht. Und diese haben große Zivilisationen hervorgebracht. Atlantis war die letzte von ihnen, auf allen Kontinenten der damaligen Erde. Sie ist erst in der großen, kosmisch verursachten, Katastrophe zwischen 10.000 und 6.000 Jahren vor heute vernichtet worden. Ihre letzten Mitgliedern, die letzten Mitgliedern der Gattung Homo sapiens Neanderthalensis, haben allerdings noch geschafft unserer modernen Gattung und (bislang der einzigen) Spezies Homo sapiens Sapiens das Überleben zu sichern. Das geschah (theoretisch ganz genau) erst 4.720 Jahre vor unserer modernen Zeitrechnung.]

(S.21) "Wachstum ist die Grundlage einer funktionierenden Marktwirtschaft. 'Ohne Wachstum keine Investitionen, ohne Wachstum keine Arbeitsplätze, ohne Wachstum keine Gelder für die Bildung, ohne Wachstum keine Hilfe für die Schwachen.'"

(S.22) "'Zu sagen, wir verzichten auf die Idee von Wachstum', so der aktuelle Wirtschaftsminister Robert Habeck, 'würde bedeuten, wir verzichten auf die Idee von Fortschritt'." [Diesen zwanghaften Zusammenhang sehe ich nicht. Eine zufriedene, ja sogar glückliche Weltgemeinschaft kann sicherlich den Fortschritt weiter vorantreiben, ohne den Wohlstand "ankürbeln" zu müssen.]

(S.26) "Der Erzählung nach beobachtete (James) Hargreaves seine Frau beim Spinnen von Baumwollgarn, als ihm die Idee kam, diesen Prozess zu automatisieren. 1764 kurbelte er zum ersten Mal an seiner 'Spinning Jenny', der ersten industriellen Spinnmaschine der Welt. ... Die Zeit um das Jahr 1770 markiert den Beginn der Industrialisierung. Entscheidende Meilensteine waren der Durchbruch der Dampfmaschine im Jahr 1769 und die Erfindung der Dampflokomotive 1804. ... Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin begann die Industrialisierung ihre volle Kraft in der Breite zu entfalten. Es war die Zeit des exponentiellen Wirtschaftswachstums."

(S.29) "Wer die Welt von heute verstehen will, sollte erkennen, wie einzigartig die Entwicklung der vergangenen 250 Jahre war."

(S.30) "Es scheint, als wäre die industrielle Revolution eine Geschichte unendlichen Wachstums. Dabei fällt kaum auf, dass der Wachstumsmotor ins Stottern gerät. Die Wachstumskräfte der industriellen Revolution schwinden. Der Fortschritt, der uns aus der Armutsfalle geführt hat, scheint ins Stocken geraten zu sein. Im Mutterland der industriellen Revolution ebenso wie im Rest Europas sowie den USA. Dazu zeichnet sich eine Zeitenwende ab. Die Bevölkerung beginnt zu schrumpfen - in weiten Teilen Europas, in China, in Japan, und schon bald auf der ganzen Welt. In der Folge droht die große Arbeiterlosigkeit. Und die Reaktionen sind ganz unterschiedlich."

(S.34) "Ohne Einwanderer würden die USA heute in der Welt keine Rolle spielen."

(S.35) " Kaum eine Region wird so sehr mit Fortschritt verbunden wie das Silicon Valley. Wäre sie ein Land, wäre sie mit einem Pro-Kopf-BIP von rund 180.000 Dollar pro Jahr der produktivste Staat der Welt. Dabei ist das Silicon Valley dreimal so produktiv wie der Rest des USA."

(S.48) "Heute bekommen chinesische Frauen durchschnittlich nur noch 1.3 Kinder."

(S.48) "In diesem Kräftemessen kämpft der europäische Kontinent gleich mit zwei Herausforderungen. Auch hier stagniert die Produktivität. Doch dazu kommt ein zweites Problem: Anders als in den USA werden die Bevölkerungszahlen schon Bald rapide anfangen zu schrumpfen. Wie reagiert Europa?"

(S.62) "Von 1955 bis 1973 lockte Deutschland 14 Millionen Arbeitsmigranten samt Familienangehörigen an. ... Seit 1852 exportiert das Land kontinuierlich mehr Waren als es importiert. Vier Industrien dominieren: die Autoindustrie, die Maschinenbauindustrie, die Elektrotechnik und die Chemie. ... Heute ist Deutschland nach den USA und China der drittgrößte Warenexporteur der Welt. Der Anteil am Welthandel beträgt 7 Prozent, obwohl der Anteil der Deutschen an der Weltbevölkerung nur bei 1 Prozent liegt."

(S.63) "Die Wachstumskräfte der vergangenen 70 Jahre schwinden. ... Die Bevölkerung fängt an zu schrumpfen. ... Die Arbeiterlosigkeit wirft ihre Schatten voraus."

(S.68) "Weniger Kinder zu bekommen ist eine direkte Folge des Fortschritts und des Wohlstands." [Jain! Ich bin überzeugt, dass in großen, Mehr-Generationen-Familien zwei bis drei Kinder pro Frau eher eine Regel werden würde, als eines oder keines Kind.]

(S.73) "Wenn uns Menschen in Europa eine Sache Angst machen sollte, dann sind es die Auswirkungen des Bevölkerungsrückgangs!" [Nein! Dieser Rückgang soll uns eher Hoffnung machen, dass wir eine Neuerung der Demokratie im Sinne einer familiär-partizipativen Demokratie auch schaffen werden.]

(S.88) "Der Fortschritt sorgt dafür, dass Industriebetriebe und Dienstleistungsunternehmen entstehen. Sie treiben die Urbanisierung voran, denn nur die Landwirtschaft setzt ein zerstreutes Leben auf dem Land voraus." [Man muss aber diesen Trend zur Urbanisierung umkehren. Die gesunden (Groß-)Familien werden nur in einer ländlichen Umgebung gedeihen, auf eigenem Hektar-Land. Man muss das menschliche Zusammenleben ganz neu gestalten und ermöglichen.]

(S.91) "Vor Kurzem wurde eine dritte Prognose veröffentlicht. Sie stammt von einer von Bill und Melinda Gates geförderten Forschungsgruppe an der Washington State University in Seatle um Professor Christopher Murray. Über 5000 Forscher aus 152 Länder haben an ihr mitgewirkt. Laut dieser Prognose erreicht die Weltbevölkerung schon um das Jahr 2064 ihren Höhepunkt mit 9.7 Milliarden Menschen. Von da an schrumpft sie - bis Ende des Jahrhunderts auf 8.8 Milliarden."

(S.96) "Der Bevölkerungsrückgang ist also kein Thema für Futuristen, sondern Fakt. ... Und noch weiß keiner, wie unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine immer kleinere Zahl arbeitender Menschen eine immer größere Zahl von Rentnern finanzieren soll." [Doch, ich nehme an, ich weiß es! Mit stagnierender Bevölkerungszahl wird auch die Zahl der Rentner sinken und stagnieren. Aber wichtiger noch: Wir können und müssen den Konsum auf so ein Niveau senken, dass das Wohlstand ausreichend aber stabil bleibt. Die familiär-partizipative Demokratie wird das möglich machen. Das kommt auch der Umwelt zu Gute.]

(S.113) "Wir haben den für das Funktionieren unseres Wirtschaftssystems so unerlässlichen Prozess der schöpferischen Zerstörung aufgehalten. ... Eine Neukombination von Produktionsfaktoren - und damit auch von Arbeitskräften - verdrängt alte Strukturen und zerstört sie letztendlich. ... Am Ende muss der Wettbewerb entscheiden, welche Unternehmen unter den veränderten Rahmenbedingungen dauerhaft prosperieren können und welche besser aus dem Markt ausscheiden. Je mehr Raum wir dem Neuen, dem Innovativen geben, desto größer unsere Chancen, auch künftig in einem Land mit steigender Produktivität zu leben." [Entscheidet, meiner Meinung nach, nicht (erst nachträglich) der Wettbewerb, sondern (bereits im Vorfeld) die ausgewählte Vision unserer Zukunft.]

(S.115) "Das größte Potenzial liegt vielleicht jenseits unserer Landesgrenzen: in der Zuwanderung." [Das glaube ich nicht. Auf die Dauer kann das nicht stimmen. Auf die Dauer, wenn alle Gesellschaften schrumpfen, müssen wir innerhalb unserer demographischen Einheiten (von Basis Familien, über Großfamilien, Sippen, bis hin zu den Metropolen, Nationen, und Kontinenten) auf eine natürliche Stabilisierung der Arbeiterzahl hin arbeiten.]

(S.140) "Zukunft gestalten statt Vergangenheit verwalten". [Zu 100% richtig!]

(S.150) "Fusionsreaktoren versprechen, zukünftig große Teile des weltweiten Energiebedarfs praktisch emissionsfrei zu decken. ... Was für eine Vision! ... Für manche ein echter Moonshot: Boris Johnsons Regierung kündigte bereits den ersten kommerziellen Fusionsreaktor für das Jahr 2040 an." [Leider nur ein Witz. Physikalisch nicht besser realisierbar wie ein Perpetuum mobile. Viel sinnvoller wäre diese Forschungsgelder für das Einfangen und Speichern der Energie der Gewitterblitze oder auch der fließenden Vulkane, wie auf Hawaii, zu nutzen."]

(S.153) "Fortschritt entsteht, wenn vorhandenes Wissen in visionäre Ziele übersetzt wird." [Genau deswegen versuche ich mein vorhandenes Wissen in eine Vision der Weltgemeinschaft in 50, 60 Jahren zu übersetzen.]

(S.164) "Ein Drittel der Deutschen empfindet die eigene Arbeit als sinnlos." [Das sind Millionen potenziellen Arbeiter in den Branchen, die bereits jetzt von der Arbeiterlosigkeit betroffen sind.]

(S.169) "Zahlreiche Studien belegen, dass langfristiges Wirtschaftswachstum wesentlich durch die Qualität des Bildungssystems bestimmt wird." [Nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern auch die persönliche Zufriedenheit aller Menschen.]

(S.170) "Unser Bildungssystem ist eine Ursache, dass die Produktivität hierzulande lahmt. Denn zu viele junge Menschen verlassen die Schulen ohne ausreichende Qualifikationen und schlagen sich danach mehr schlecht als recht durch Berufsleben."

(S.171) "Um die Chancen der digitalen Revolution zu nutzen, braucht Deutschland daher eine erneute Bildungsrevolution." [Nicht nur Deutschland, zum Beispiel Polen auch.]

(S.175) "In Kanada wird Kindern, die das Mindestniveau in Englisch und Mathematik verfehlen, ein Tutor zur Seite gestellt." [Mein Vorschlag geht noch weiter: nicht nur die fünf schwächsten, sondern auch die fünf besten Kinder in der Klasse, sollen einen entsprechend qualifizierten Tutor (Zusatzlehrer) haben, bei der gesamten Zahl der Kinder in jeder Klasse um die zwanzig, nicht mehr. Dabei sollte der Hauptlehrer zunehmend von seinem persönlichen "KI-Avatar" unterstützt werden. Dabei sollen die Gehälter der Lehrer mindestens verdoppelt werden.]

(S.219) "Es gibt viel zu wenige Erzieherinnen und Erzieher. Ohne eine Aufwertung dieses Berufsprofils inklusive einer besseren Bezahlung werden wir diese Lücke nicht schließen können." [Das ist aber nur eine halbe Lösung. Noch mehr Potenzial steckt in den Mehr-Generationen-Familien, wo ihre nicht mehr beruflich arbeitenden Mitglieder sich womöglich gerne und sinnvoll um die Kleinkinder, die eigenen und die der Nachbarschaft, kümmern könnten.]

(S.229) "Lassen Sie uns daher einen Traum von einer besseren Zukunft entwickeln, einen 'German Traum', ohne ein 'Weiter so', ohne ein Festhalten an alten Rezepten, sondern mit dem Mut, die Zukunft neu zu gestalten. Die Zukunft Deutschlands, Europas und vielleicht sogar der ganzen Welt. Davon handelt dieses Buch. Es gibt Impulse und Beispiele, wie Menschen und Länder schon heute der Arbeiterlosigkeit begegnen und neue Wege gehen. Sie sollen Debatten auslösen und Denkanstöße geben für neue Konzepte und Strategien." [Genau das hoffe ich auch.]

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