Z6. Felwine Sarr, “Afrotopia”

Der bessere Blick auf Afrika und ihre Zukunft

Das dritte Buch meiner "Sommer-Serie" stammt von Felwine Sarr, einem senegalesischen Wirtschaftswissenschaftler, der auch zu der "Sternstunde Philosophie" eingeladen wurde.

Das relativ kleine Buch "Afrotopia" schärft unseren Blick auf das bald wichtigste Kontinent der Erde. Felwine Sarr schreibt:

"In 35 Jahren wird Afrika ein Viertel der Weltbevölkerung stellen. Es wird die Lebenskraft der Menschheit verkörpern, denn es wird den höchsten Anteil an Einwohnern im Alter zwischen 15 und 45 Jahren aufweisen. Dieses demographische Gewicht und diese Vitalität werden das gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Gleichgewicht des Planeten verschieben. ... Der Kontinent muss sich vor allem auch an der Entwicklung der Menschheit beteiligen, durch den Aufbau einer verantwortungsvolleren Zivilisation, die besser für die Umwelt sorgt, das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ordnungen wahrt, sich den kommenden Generationen, des Gemeinwohls und der Menschenwürde annimmt: eine poetische Zivilisation. Zur Entwicklung der Menschheit beitragen bedeutet gewiss, für die Wohlfahrt der Menschen zu sorgen, sie zu kleiden, zu ernähren und zu bilden. Vor allem aber bedeutet es, umfassend entwickelte Individuen hervorzubringen, die ihr Potenzial zur Gänze ausschöpfen und die lichten Teile des menschlichen Vermögens zum Erblühen bringen. So wird Afrika dazu beitragen, die Menschheit auf eine neue Stufe zu heben."

Dazu zitiere ich noch ein paar wichtigsten Gedanken aus dem Buch von Felwine Sarr.

"Seit jeher verändern sich menschliche Gesellschaften auf organische Weise, indem sie sich ihren Herausforderungen stellen, auf diese reagieren und dann überleben oder vergehen.

"Es muss betont werden, dass diese Krise vor allem moralischer, philosophischer und spirituellen Natur ist. Es handelt sich um die Krise einer materiellen und technischen Zivilisation, die jeden Sinn für Prioritäten verloren hat. Es geht darum, sich dem Zugriff jenes rationalen und mechanistischen Modells zu entziehen, das die Welt erobert hat. Es hat sich als Herr und Besitzer der Natur begriffen und dabei ein verkehrtes Menschenbild durchgesetzt, unter Festschreibung des Primats der Quantität gegenüber der Qualität, des Habens gegenüber dem Sein."

"Ökonomie, Politik und Kultur sind drei Säulen des Gesellschaftsgebäudes, das es zu renovieren oder sogar neu zu errichten gilt. ... Um das zu erreichen, ist eine Revolution der Erkenntnisformen, die der Hegemonie westlicher Denktraditionen ein Ende setzt, notwendig, ja dringlich. Eine solche Revolution würde mit der Aufdeckung des besonderen Wissens einhergehen, dessen Träger die afrikanischen Gesellschaften sind."

"Es geht darum, gesellschaftliche Regulierungsmechanismen zu entwerfen, die den Erfordernissen des Augenblicks gerecht werden, ohne dabei Bräuche und traditionelle Formen zu verdrängen, die ihren Wert unter Beweis gestellt haben und dies noch immer tun, in so unterschiedlichen Bereichen wie der Konfliktregelung, der ausgleichenden Gerechtigkeit, den Repräsentations- und Legitimierungsformen ect. Die Aufgabe besteht darin, einen zivilisatorischen Kontext zu entwerfen und die Barbarei der Verneinung des Alten und seiner Übertragung auf die Gegenwart zu verhindern. Der afrikanische Kontinent könnte seine reichhaltigen Kulturen als Kräfte der Anpassung und des Wandels begreifen, um sie für neue gesellschaftliche Aufgaben zu mobilisieren. Eine der dringlichsten dieser Herausforderungen besteht in der Entwicklung einer genuin demokratischen Kultur."

Genau das gleiche schlage ich für eine neue Weltgemeinschaft in meinem Buch "Ich, Du, und Wir Alle" vor. Zu den afrikanischen Städten schreibt Felwine Sarr folgendes.

"Die Stadt ist das Menschenwerk par excellence. ... Ihr praktisches Aspekt besteht darin, die räumliche Verdichtung der für gesellschaftliches Leben benötigten Aktivitäten auf bestmögliche Weise zu organisieren. ... Heute leben 471 Millionen Afrikaner, mehr als 45 Prozent der Bevölkerung, in Städten. Die Urbanisierung schreitet in Afrika rascher voran, als auf anderen Kontinenten." Aber er sieht auch hier eine globale Fehlentwicklung; man muss ganz andere Städte bauen: "Städte bauen, die nicht an den Wolken kratzen, und das nicht etwa, weil es ihnen an Ehrgeiz fehlen würde, sondern weil ihre Bewohner mehr Wert auf jene Zwischenräume legen, in denen man sich begegnet, wo man lebt und gänzlich ist. In diesem Fall beginnt das Bauvorhaben mit einem Akt der Zerstörung."

Auch diese Neugründung der urbanen Flächen nach der Zerstörung der in der Zukunft vollkommen sinnlosen Wolkenkratzer schlage ich in meinem Buch "Ich, Du, und Wir Alle" vor.

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